20. Januar 2016

Barocke oder Deutsche Griffweise?

Mit dieser Frage musste ich mich damals in der 5. Klasse auseinandersetzen, hat es mich bis dato nicht wirklich interessiert mit welcher Griffweise ich meine damalige Moeck bespielt habe.
"Für den Unterricht sei das eh nicht wichtig," erklärte man mir. "Nur das f wird etwas anders gegriffen." Gut, damit kann man schätzungsweise leben.

Was es allerdings bedeutet mit der deutschen Griffweise spielen zu müssen, wurde mir bewußt, als es im Blockflötenorchester tonmäßig intensiver und vor allem komplizierter wurde. Irgendwann kam ich mit den unendlichen Griffkombinationen, die einem mysteriösen System folgten, das sich mir aber nicht erschließen wollte, zu bunt. Da auch nicht einfach so eine neue Flöte angeschafft wurde, habe ich nach einigen Jahren die Flöte beiseite gelegt.

Nach der Wiederentdeckung des Instruments "Blockflöte" war mir von Anfang an klar, dass nur die barocke Griffweise in Frage kommt. Seitdem spiele ich auf meiner Sopranblockflöte von Moeck mit barocker Griffweise. 
Im Laufe der Zeit und nach zahlreichen Gesprächen lief mir immer die Aussage über den Weg: "Meine Flöte hat doch auch Doppellöcher. Warum greifst Du anders?",
gefolgt von der Frage:
"Was meinst Du mit deutscher oder barocker Griffweise?"

Deutsche Griffweise (oben) versus barocker Griffweise (unten)- erkennt ihr den Unterschied?

Die Deutsche Griffweise

Peter Harlan selbst, seines Zeichens Zupfinstrumentenbauer, sah seine Entwicklung der deutschen Griffweise als "Verrücktheit" an, ja mehr noch! Er betrachtete das Ganze als einen Faux Pax, dessen Verbreitung er nur zu gerne gestoppt hätte (auch nachzulesen in der Online-Ausgabe des Windkanal 2006-3).

Doch kurz nach dem Erscheinen der deutschen Griffweise, zwischen 1921-1926 (Angaben variieren), wurde die Flöte von zahlreichen Handelsfirmen ins Programm genommen und verkaufte sich zu gut, als dass sich die Erfolgsgeschichte noch hätte verhindern lassen können.
Trotz der steigenden Verkaufszahlen, entschuldigte sich Peter Harlan in einigen Interviews für diese "Stümperei".

In der Praxis bedeutet eine deutsch gebohrte Blockflöte, dass die ersten GT der Tonleiter nur durch das Anheben des jeweiligen nächsten Fingers gespielt werden kann, während man bei der barocken Griffweise bereits beim 4. Grundton einen Gabelgriff benötigt. Nach eigener Erfahrung endet hier aber auch schon die "Einfachheit" der von Harlan erfundenen Griffweise. Heutzutage finden sich diese Flöten eher im untersten Preissegment wieder.


Der kleine Unterschied: das 3. Tonloch von unten

Die Barocke Griffweise

Um es vorweg zu nehmen: Nein, es sind nicht die Doppellöcher, wie man auch auf dem nebenstehenden Bild erkennen kann.

Man könnte anhand des Namens vermuten, dass diese Griffweise etwas mit den historischen Flöten aus der Barockzeit zusammenhängt, doch die Namensgebung ist eher Zufall. Eine andere, vielleicht passendere Bezeichnung wäre noch "Englische Griffweise", die dem Franzosen Arnold Dolmetsch zu verdanken ist. Zwar ist Dolmetsch gebürtiger Franzose, jedoch wirkte er in England und gilt als Wiederentdecker der Blockflöte im letzten Jahrhundert.

Der Unterschied zwischen der deutschen und barocken Griffweise ist das untere 3. Tonloch. Wenn ihr genau hinschaut, seht ihr, dass es hier einen kleinen, aber feinen Unterschied gibt: die Größe der Bohrung.

Deutsch: 3. Tonloch = kleinstes Loch auf der Flöte.
Barock: 3. Tonloch = größer als das 4. Tonloch von unten.

Flöten mit dieser Griffweise finden sich im mittleren bis hohem Preissegment, welches sich an ambitionierte und professionelle Flötenspieler richtet. So gibt es Firmen, die ausschließlich Flöten mit dieser Bohrung anbieten (z.B. Küng Blockflötenbmanufaktur).

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